Biber, Halbfisch, Fastenspeise
Am 22.02.2025 lud der „Jagd- und Naturschutz Verein Altötting“ zu einem großen Biberseminar in seine Bildungseinrichtung „Lernwerkstatt Natur“ in Klugham bei Kastl ein. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Kreisjagdberater Alfred Hammerl, die Referentin war Fr. Nicole Anzinger-Bitsch, Biberberaterin an der Unteren Naturschutzbehörde Freising, unterstützt von ihren Altöttinger Amtskollegen Heidi Holzweber und Markus Briendl.
Vorträge dieser Art laufen seit einigen Jahren bayernweit und zwar vor Jägern. Warum? Weil man die für eine sinnvolle Regulierung braucht.
Der Biber unterliegt nach den FFH-Richtlinien dem höchsten Schutzstatus, der gesetzlich möglich ist und ist streng von der Jagd zu verschonen. Verständlich, war er doch bis auf wenige Restbestände europaweit ausgerottet. Das dichteste Fell aller Tierarten (23 000 Haare pro Quadratzentimeter, der Mensch im Vergleich 500) sowie das „Bibergeil“, ein wunderheilsames Drüsensekret, wurden ihm zum Verhängnis. In England verschwand er schon im 12. Jahrhundert, am Kontinent später, in Bayern um 1857. Das weiß man so genau, weil die Klosterbuchhaltungen dieser Jahre die letzten Biberanlieferungen aufzeichnen. Der Biber war eine begehrte Fastenspeise. Mit seiner wassergebundenen Lebensweise und seinen schuppigen Schwanz konnte doch ein Blinder sehen, dass das ein Fisch ist. Und Fisch ist erlaubte Fastenspeise! Dazu noch ein bisschen mehr Stammwürze ins Fastenbier, und schon lässt sich auch diese graue Zeit erträglich gestalten. Sympathisch und irgendwie bayrisch, wie die gestrenge Mutter Kirche augenzwinkernd einiges möglich macht.
In den1970-ern und besonders 80-ern setzten große Wiedereinbürgerungen ein, die letztlich mehr als erfolgreich waren. In den wenigen Jahrzehnten ist der Bestand auf 40 000 in Deutschland angewachsen, mit 22 000 Exemplaren mehr als die Hälfte in Bayern. Was nicht ohne Folgen bleiben konnte. Die Baumfällungen entlang unserer Gewässer werden wir hinnehmen müssen, das ist des Bibers Naturell und das macht er seit 15 Millionen Jahren so. Aber wenn Felder hektarweise überschwemmt werden und Traktoren in Biberröhren einbrechen, schwindet die Akzeptanz.
Bayern gilt als „besetzt“, die Aufnahmekapazität ist ausgereizt und ein weiterer Anstieg wäre auch für den Biber selber fatal. Eine durchschnittliche Biberfamilie besteht aus fünf bis sechs Tieren, die je nach Nahrungsangebot eine Reviergröße (sprich Gewässerlänge) von einem bis sieben Kilometern braucht. Fremdbiber werden nicht geduldet, sondern in oft blutigen Revierkämpfen vertrieben.
Wenige Tierarten hätten einen so positiven Effekt auf Hochwasserschutz, Wiedervernässung und Schaffung von semiamphibischen Lebensräumen. Wenn da nicht die Kollision mit der Menschenwelt wäre. Und die darf nicht gänzlich einer realitätsfernen Naturromantik geopfert werden. Der oft gehörte Ruf „lasst doch Natur Natur sein, die reguliert alles selber“ mag seine Berechtigung für die Weiten Kanadas haben, aber nicht hier, wo sich 82 Millionen Menschen und das dichteste Verkehrsnetz der Welt drängen.
Was unweigerlich zu einer Reduzierung mit jagdlichen Mitteln führt. Und dass diese Jagd sauber, waidgerecht und sauber erfolgen soll, ist der Sinn des abgehaltenen Biberseminars. Nicht Hinz und Kunz dürfen jetzt nach eigenem Gutdünken auf Biberjagd gehen, sondern nur ein kleiner Kreis besonders geschulter, mit der strengen Rechtslage vertraute Jäger, die in der Unteren Naturschutzbehörde eingetragen sind und die ein genau zugewiesenes Areal betreuen. So soll gewährleistet sein, dass man den berechtigten Lebensinteressen des Bibers ebenso Rechnung trägt wie den Bedürfnissen von Landwirtschaft und Verkehrssicherheit.
Dr. Herbert Dietl
Alfred Hammerl hat eine Warteliste angelegt, weil auf Grund der zahlreichen Anmeldungen ein zweites Seminar für den Herbst vorgesehen ist.
Interessenten bitte bei Fred anmelden.